Im Märzen so wärmig (2003)

(nach Materialien aus "März" von Heinar Kipphardt und nach Auszügen aus der Lebensgeschichte und dem künstlerischen Werk des Dichters Ernst Herbeck)
Fragmente der Lebens- und Leidensgeschichte des schizophrenen Dichters Alexander März.

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Durch eine angeborene Hasenscharte schon "anders" von Geburt an, weiterhin gesellschaftlich ausgegrenzt, entwickelt Alexander März seine eigene Sprache, seine Geheimsprache mit sich.  Er sagt: "Wenn ich an mein Leben denke, ist es, wie wenn man etwas denken würde und wieder einschläft." Er erfühlt und erlebt die Welt in einem Zwischenraum, auf der Flucht vor der gesellschaftlichen Enge, den "abgerichteten Objekten" und dem Sehnen nach der freien Natur, in welcher die "Luft leichter wird". Die Regisseure Artkamp und Kerklau öffnen mit ihrer Inszenierung einen Blick durchs "März` Fenster". Auf die Bühne projizierte, überdimensionale Naturaufnahmen halten seine Sehnsucht, auszubrechen, ständig präsent und geben Raum, um Atem zu holen für Märzens lyrische Stimme. Mit seinen schlichten, poetischen und zärtlichen Texten überstrahlt März den dargestellten Psychiatriealltag vor allem in den Beschreibungen seiner Liebe zu Hanna: "Wenn wir Wasser wären, so flössen wir kühl und umarmt die grünen Wiesen entlang."

"In traumartigen Bildern, Gedichten von Ernst Herbeck und beredt inszenierten Erinnerungen entwirrt „Im Märzen" montageartig die vielgestaltige Karriere eines Außenstehenden, der nicht nur der Welt Widersprüche erfühlt, sondern die Schönheit der Natur, wie auch der Liebe erkennt...
Und plötzlich öffnet sich ein Tor zu einer neuen Welt. Ist es Leid  oder eine schöpferische Welt am anderen Ufer? Was ist Krankheit, was nicht? Ist das "normale" Leben nicht viel mehr als ein Dämmerzustand? Zwischen unvereinbaren Realitäten? Irgendwo zwischen Winter und Frühling?"

(Westfälische Nachrichten)


Die Mutter
Die Mutter ist eine Milch
eine schöne warme.
Aber in der man ertrinkt

Das Nest
Haarig und scheinbar auch wärmig
Liegt an dem Ufer das Nest.
Liegen darin neun Eier
Bräunlich, nur eines ist weiß.
Als nun das Hochwasser kommt,
sieht man nur noch das weiße.
Im Wasser schwimmen

Der Pflaumenbaum
Am Pflaumenbaum
hängt die süße,
die kleine, die saftige,
auch Zwetschge genannt
und gern von Wespen benascht.

Das Lieben
Das Lieben ist schön.
Schöner als das Singen.
Das Lieben hat zwei Personen.
Das ist beim Lieben der Kummer

Die Zigarette
Es war ein Junge wo auf der
Straße anderer Junge war
Er zündete sich eine Ziegarette
An, das Feuer fing,
der Holunder brannte ab.
mit ihm.

Es spielen:
Märzin: Alexandra Brink
März(e): Johannes Bayer, Hans Jürgen Blümel
Mutter: Mechtild Klockenbusch
Vater: Stefan Brüffer
Ärztin: Frederike Brandt
Hanna: Steff Schmidt
Geliebte/Wächterin: Annerose Schäfer
Michael Jackson-Fan/ErzählerIn: Ludgera Blomberg
Raucher: Konrad Schönberger
Tanztherapeutin: Ulrike Grewe
Patient/Erzähler: Andreas Balke
Patientin/Erzählerin: Astrid Klosterkamp, Jutta Nahamowitz
Pfleger/Patient: Guido Terbaum

Künstlerische Leitung: Paula Artkamp, Manfred Kerklau
Assistentin: Barbara Ellerhorst
Raum: Hans Salomon
Video: Kay Domhardt
Kostüme: Rita Marzinkowski
Licht: Volker Sippel
Musikauswahl: Paula Artkamp, Manfred Kerklau


Dieses Projekt wurde unterstützt von: Kulturamt und Gesundheitsamt der Stadt Münster, Fonds Soziokultur, Theater im Pumpenhaus, Stiftung Siverdes, Volkshochschule Münster, Förderkreis Sozialpsychiatrie, Fördermitglieder von Sycorax e.V.

(Fotos: Ralf Emmerich)